Worauf solltest Du beim Studium von Stellenanzeigen achten?
Donnerstag, 18. März 2021 um 10:50 von Stefan Wölfel in Arbeitsmarkt und Karriere
Ob Zeitung, Unternehmenswebseite oder Online-Stellenbörse: Stellenanzeigen sehen fast alle gleich aus. Es gibt jedoch einige Details, auf die du bei der Recherche achten solltest. Bei manchen Ausschreibungen kannst du schon auf den ersten Blick Spreu vom Weizen trennen, bei anderen musst du genauer hinschauen. Im Folgenden nennen wir die wichtigsten Punkte, die du beachten solltest. Wir zeigen dir, wie du unseriöse Stellenanzeigen erkennst und ernstgemeinte Angebote zu deinem Vorteil entschlüsselst.
Wie erkenne ich unseriöse Stellenanzeigen?
Es ist durchaus legitim, wenn ein Unternehmen selbst nicht die personellen Ressourcen zur Personalanwerbung hat oder den Vorauswahlprozess für spezielle Kandidaten außer Haus geben möchte. Dann kommen externe Recruiter (Personalvermittler) ins Spiel, schalten im eigenen Namen Anzeigen und führen meist auch den Vorauswahlprozess durch. Das beauftragende Unternehmen wird dabei oft nicht erwähnt und floskelhaft von einem »einem bedeutenden Unternehmen im Raum XY-Stadt«.
So weit, so seriös. Manchmal finden sich jedoch Stellenanzeigen von Personaldienstleistern, die einfach die Stellenveröffentlichungen anderer Firmen kopieren, im eigenen Namen in den Jobbörsen platzieren und dann hoffen, dass sich Interessenten für den Job bei ihnen melden — welches Geschäftsmodell dahintersteht, lässt sich nur vermuten. Manchmal hilft ein Trick: Wenn du das Gefühl hast, dass du eine kopierte Stellenanzeige vor dir hast, dann gib einen Teil des Textes, z.B. die Anforderungen an den Bewerber bei Google ein. Die Suchmaschine wird dir dann schon zeigen, ob die Anzeige kopiert wurde und im Original auf einer Unternehmenswebseite steht. Wenn ja, dann kannst du dich direkt bei dem Unternehmen bewerben oder zumindest nachfragen, ob die Stelle noch vakant ist.
In manchen Offerten wird Unrealistisches versprochen: Wenig Arbeitszeit bei überdurchschnittlicher Bezahlung, möglicherweise noch kombiniert mit Home Office, klingt märchenhaft — und ist es mit Sicherheit auch. Also aufgepasst, wenn sich der Job einfach viel zu gut anhört. Vor allem, wenn schon ein Gehalt genannt wird, ist Vorsicht geboten. Möglicherweise könntest du mit einer Reaktion auf diese Anzeige bei einem Betrüger landen, der dich hinters Licht führen möchte - Job-Scamming ist hier das Stichwort.
Beherzige folgende Ratschläge, um dich vor Job-Scamming zu schützen:
Überprüfe den Namen des Stellenanbieters. Ein Blick auf die Webseite genügt, um sich zu vergewissern, ob die Namens- und Kontaktangaben die gleichen sind wie in der Stellenanzeige. Handynummer oder E-Mail-Adresse sind nicht ausreichend, der Recruiter sollte ein vollständiges Impressum angeben. Google in jedem Fall erst einmal rund um die Firma und deren Ansprechpartner. Es lohnt sich!
- Keine teuren Hotlines anrufen: Schau auf die genannten Telefonnummern. Wenn kostenpflichtige Sonderrufnummern oder teure Vorwahlen angegeben sind, rufe gar nicht erst an. Dann handelt es sich garantiert um eine falsche Stellenausschreibung.
- Gib keine Daten von dir heraus (Kontonummer, SV-Nummer etc.): Dies sind Dinge, die ein Recruiter im Bewerbungsprozess nicht benötigt.
- Lade keine App herunter: Sei vorsichtig, wenn dir nahegelegt wird, eine Software herunterzuladen, damit du dich bewerben kannst.
- Überweise kein Geld: Eine Bewerbung darf den Bewerber kein Geld kosten. Es ist höchst unseriös, wenn darum gebeten wird, dass du einen Betrag vorstreckst, um Jobvorschläge zu erhalten.
Stellenanzeigen richtig lesen
Firmen legen bei den Anforderungen die Latte für Bewerber bewusst sehr hoch. Das klingt meist wie ein Wunschzettel für den »perfekten« neuen Kollegen oder die »ideale« neue Kollegin: Firmen stellen sich nach außen hin als das beste Unternehmen dar und wollen natürlich nur die besten Jobaspiranten zum Vorstellungsgespräch einladen. Die Anzeigentexte strotzen daher vor Maximalforderungen, die — klar — nur die Besten anziehen sollen.
Für manche Stellenanzeigen braucht man schon fast einen Dolmetscher, denn sie stellen auf engstem Raum ein wahres Minenfeld aus hohlen Floskeln und Denglish-Kauderwelsch dar. Im Folgenden erklären wir dir den Aufbau von Stellenanzeigen und zeigen dir, wie du den »Stellenanzeigen-Code« entschlüsselst.
Eine klassische Stellenanzeige gliedert sich meistens in fünf Abschnitte:
Überschrift: Der Jobtitel — meist mit Nennung des Berufsfeldes
Im Erfinden neuer Jobtitel sind Unternehmen außergewöhnlich kreativ. Das erschwert manchmal auf den ersten Blick die Einordnung der Stellenanzeige. Sonnenklar ist es, wenn ein »Monteur (m/w/d) für Photovoltaik« gesucht wird. Beim »Home Automation Enthusiast (m/w/d)« für die PR-Abteilung eines Energieunternehmens kommt man ins Grübeln, aber es hört sich wenigstens todschick an. Hier können die Firmen schon den ersten Fehler machen: nicht das richtige Wort zu benutzen. Und auch Bewerber: nämlich nicht genauer hinzuschauen.
Denn oft erschließt sich der Jobtitel erst bei der Lektüre des folgenden Abschnitts:
Einleitung
Die Einleitung ihrer Stellenanzeige nutzen Unternehmen dazu, deine Aufmerksamkeit zu gewinnen und sich bei dir vorzustellen. Schau genauer hin, mit welchen Unternehmenswerten die Firma sich darstellt. Dreh in Gedanken den Spieß einmal um und stell dir einfach vor: Mit diesem Absatz bewirbt sich die Firma bei dir und möchte dich dafür gewinnen, dich bei ihr zu bewerben. Viele überspringen diesen Teil und gehen sofort einen Absatz weiter, ob in den nachfolgenden Aufgabenbeschreibungen und Anforderungen größtmögliche Übereinstimmung mit den eigenen Fähigkeiten zu finden ist. Sei nicht so vorschnell: Gerade diese Einleitung ist voller interessanter Informationen, die dir wertvolle Steilvorlagen für das Anschreiben bieten. Und in einem späteren Vorstellungsgespräch kannst du sie ausgezeichnet als Anknüpfungspunkte zum Einstieg in das Gespräch nutzen.
In diesem Abschnitt (und auch am Schluss!) ist die Floskeldichte oft sehr hoch. Manche dieser Floskeln sind voller Allgemeinplätze, andere lassen sehr tief blicken und wirken auf den zweiten Blick nicht mehr so positiv: Wendungen wie »gutes Betriebsklima« sind selbstbeweihräuchernd, weil selbstverständlich, und nichtssagend — und warum eigentlich, so darf gefragt werden, muss der Arbeitgeber eigentlich auf das gute Betriebsklima hinweisen? Stimmt da womöglich etwas nicht? »Hands-on-Mentalität«? Hilfe! Bedeutet das, dass du komplett allein gelassen wirst und dir die Arbeit erst mal selber suchen musst? du siehst, manche dieser Wendungen hinterlassen keinen sonderlich guten oder zumindest zwiespältigen Eindruck. Die wunderbare Welt der Stellenanzeigen-Floskeln werden wir in einem eigenen Blogpost behandeln.
Das Aufgabenfeld
Schau bei der Aufgabenbeschreibung genauer hin, denn hier definiert die Firma die Rolle, die du einnehmen sollst. Es wird der Arbeitsort beschrieben, meist schon der Unternehmensbereich oder die Abteilung genannt und Hinweise darauf gegeben, auf welcher Hierarchieebene sich die Position befindet. Hört sich das alles für dich spannend an? Hast du in den beschriebenen Tätigkeiten bereits Erfahrungen gesammelt? Dann bewirb dich und weise im Anschreiben genau darauf hin! Wenn in deinen Arbeitszeugnissen dies entsprechend dokumentiert ist, dann ist das ein Punkt für dich.
Unterscheide zwischen Muss- und Kann-Anforderungen
Der Absatz zu den Anforderungen — meist eine Auflistung — knüpft an die im Absatz zuvor beschriebenen Aufgaben an und nennt die Eigenschaften, die die Firma von dir erwartet.
In manchen Bewerbungsratgebern wird zwischen Muss- und Soll-Anforderungen unterschieden, wieder andere teilen auf in Soll- und Kann-Kriterien. Wir wiederum sprechen von Muss- und Kann-Anforderungen. Es ist hilfreich, wenn du dir diese Anforderungen als verbindlich (»Muss«) und optional (»Kann«) gegenüberstellst.
Sehr selten erfüllen Bewerber alle Punkte dieser Wunschliste, aber das müssen sie auch nicht. Schau genauer hin und sei selbstkritisch, denn auch wenn es Spielraum bei den Kann-Anforderungen gibt, wirst du mit Sicherheit schon zu Beginn der Bewerbungsphase aussortiert, sobald du eine oder mehrere Muss-Anforderungen nicht mitbringst.
Verbindliche Kriterien: Die Muss-Anforderungen
Folgende Wendungen und Textbausteine deuten auf Muss-Anforderungen hin:
- »Wir erwarten …«
- »Wir suchen …«
- »Wir berücksichtigen nur …«
- »Wir setzen … voraus.«
- »Sie passen zu uns, wenn … «
- »Sie besitzen … «
- »Sie haben … «
- »Sie bringen … mit.«
- »… ist für Sie selbstverständlich.«
- »… ist Pflicht.«
- »… zeichnen Sie aus.«
- »… ist Voraussetzung.«
- »… ist erforderlich.«
Personalfachkräfte, die ihr Handwerk verstehen, nennen in ihren Stellenanzeigen die wichtigsten Anforderungen zuerst, alle weiteren Anforderungen werden (normalerweise) mit abnehmender Wichtigkeit aufgezählt.
Achtung: Wenn du in der Stellenanzeige aufgefordert wirst, in deiner Bewerbung eine Gehaltsvorstellung oder deinen frühesten Eintrittstermin anzugeben, dann ist auch dies eine Muss-Anforderung! Meist sind aber diese Anforderungen am Ende des Stellenanzeigentextes erwähnt und wirken wie eine Randnotiz, die jedoch trotzdem nicht deiner Aufmerksamkeit entgehen darf.
Optionale Kriterien: Die Kann-Anforderungen
Bei den Kann-Anforderungen formulieren Unternehmen etwas weicher, zudem müssen Bewerber nicht notwendigerweise diese Fähigkeiten mitbringen. Sie sind für das Unternehmen ein »nice to have«, können dir aber einen Vorteil gegenüber anderen Bewerbern verschaffen — besonders weil das Unternehmen sich Zeit und Geld spart, um dich einzuarbeiten, wenn du diese Fähigkeit mitbringst.
Folgende Wendungen und Textbausteine deuten auf Kann-Anforderungen hin:
- »… ist erwünscht.«
- »… ist von Vorteil.«
- »… sehen wir gerne.«
- »… sind ausbaufähig.«
- »… runden Ihr Profil ab.«
- »… ist wünschenswert.«
- »Idealerweise …«
- »Zusätzlich verfügen Sie über …«
In den Kann-Anforderungen versteckt sich manchmal ein Hintergedanke: Es ist möglich, dass diese Formulierungen einen Hinweis auf die künftige Weiterentwicklung der Stelle, der Abteilung oder des ganzen Unternehmens darstellen. Für dich kann das ein willkommener Aufhänger für deinen Part im Vorstellungsgespräch sein, wenn es um deine Weiterentwicklung und die des Unternehmens geht.
Wenn du nicht ganz sicher bist, ob eine Anforderung verbindlich gefordert oder optional ist, dann rühre dich bei der Personalabteilung und erkundige dich mit einem netten Anruf, um dir die Frage beantworten zu lassen. Das hat gleich mehrere Vorteile: Möglicherweise sparst du dir Zeit und Arbeit, wenn sich eine Anforderung, die du nicht erfüllst, als ein Muss herausstellt. Und falls doch, dann wird ein Anruf mit Nachfragen beim Unternehmen sehr positiv bewertet und ist ein prima Aufhänger für Anschreiben und Vorstellungsgespräch.
Der Schlussteil
Üblicherweise enthält der letzte Abschnitt Hinweise zum Bewerbungsablauf: In welcher Form und bis wann die Dokumente eingereicht werden sollen, damit sie berücksichtigt werden, z.B. ob du sie auf der Unternehmensseite mit einem Bewerbungsformular hochladen oder per Mail zusenden kannst. Halte dich daran, denn ein Abweichen von dem gewünschten Prozedere kann dir eine Absage einhandeln, ohne dass irgendjemand deine Bewerbung überhaupt angeschaut hat!
Je nach Selbstverständnis und Unternehmensgröße nennt der Schlussteil auch Zusatzleistungen wie unkompliziertes Home Office, Dienstwagen, Kaffeemaschine, Kantinengutschein, ÖPNV-Tickets oder Umzugshilfen. Es lohnt sich manchmal, den Schluss mit der Einleitung zu vergleichen: Passen die konkreten Angebote hier und die Floskeln aus der Einleitung, z.B. zum »guten Betriebs- und Arbeitsklima«, zusammen?
Fazit
Wenn deine Bewerbung erfolgversprechend sein soll, dann nimm bei allem, was du im Bewerbungsprozess tust, Bezug auf die Stellenanzeige. Je mehr du dich mit dem Text und den genannten Punkten auseinandersetzt, umso mehr Anknüpfungspunkte sammelst du für ein erfolgreiches Anschreiben und ein gelungenes Vorstellungsgespräch.
Bookmarke nicht einfach die Stellenanzeige, sondern kopiere den Wortlaut in ein Dokument (Notepad, Word etc.) oder speichere die komplette HTML-Seite mit dem Browser über Rechtsklick mit der Maus und »Speichern unter…«. Es kann nämlich sein, dass die Anzeige noch mitten im laufenden Bewerbungsprozess aus der Stellenbörse oder der Unternehmensseite genommen wird — meist dann, wenn sich schon viele beworben haben und sich die HR-Abteilung auf die vorhandenen Kandidaten konzentrieren möchte. Wäre doch schade, wenn du nicht mehr auf die Kontaktinformationen aus der Stellenanzeige zugreifen oder den Wortlaut der Anforderungen zur Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch nutzen kannst.
Viel Erfolg bei deiner Bewerbung!
Wenn du die Tipps aus unserer Blogserie zur Online-Bewerbung auf einen Blick lesen möchtest, stellen wir sie in einer kompletten Checkliste fürs Online-Bewerbungsgespräch als PDF-Download zur Verfügung.
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Tags: Stellenanzeigen , Arbeitsmarkt