Internet via UMTS - ein Erfahrungsbericht (Teil 2: Der UMTS-Tarifdschungel)

Dienstag, 02. August 2011 um 15:50 von Thorsten Schneider in Dies und das
Nachdem mir 1&1 wegen einer innerbetrieblichen Panne die DSL-Leitung abgedreht und meinen Vertrag gekündigt hatte, begab ich mich auf die Suche nach einer besseren Alternative für den Internetzugang zuhause.
Wie ich in meinem letzten Blogbeitrag erläutert habe, ist die Mobilfunktechnologie UMTS eine interessante Alternative als Internetzugang in Regionen, wo DSL nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung steht und LTE noch nicht ausgebaut ist.
Heute möchte ich berichten, wie die Geschichte weiterging und dabei ein wenig Licht in den UMTS-Tarifdschungel bringen.
UMTS-Datentarife im Vergleich
Wie in meinem letzten Beitrag erläutert, gibt es in Deutschland vier verschiedene UMTS-Netze: Das von der Telekom betriebene D1-Netz, das von Vodafone betriebene D2-Netz, das O2-Netz des zum Telefónica-Konzern gehörende Unternehmens O2 sowie das E-Plus-Netz des Mobilfunkunternehmens E-Plus.
Meine Recherche hatte ja ergeben, dass an meinem Wohnort UMTS mit schnellem Download (HSDPA-Erweiterung) nur im D1-Netz verfügbar ist, beim D2-Netz war das Ergebnis nicht ganz eindeutig, das Ergebnis sprach jedoch eher dafür, dass UMTS in diesem Netz an meiner Wohnadresse nicht verfügbar ist.
Ich beschloss also, mir zuerst einmal die UMTS-Datentarife der Telekom-Tochter T-Mobile näher anzuschauen.
T-Mobile Datentarife
Diese werden von T-Mobile web'n'walk genannt und gibt es mit zweijähriger Vertragsbindung (web'n'walk connect) und ohne Vertragsbindung (Xtra web'n'walk).
Dazu muss ich dem Marketing-Team von T-Mobile gleich mal eine Frage stellen: Wer denkt sich nur solche Begriffe aus? Sperriger ging es wohl nicht ...? Vor allem das Konstrukt Xtra web'n' walk finde ich gruselig. Es sieht nicht gut aus, es liest und spricht sich nicht gut, es lässt sich nicht mal gut merken. Würde mich mal interessieren, ob es unter den Kunden oder Interessenten irgend jemanden gibt, der diese Bezeichnungen gut findet.
Aber zurück zum Thema:
Den web'n'walk connect-Tarif gibt es von S (5 € pro Monat Grundgebühr plus € 3,95 Tagesnutzungspreis) bis XXL (€ 74,95 pro Monat). Die Tarifoption S ist nur für Gelegenheitssurfer geeignet, sonst wird es teuer, da für jeden Tag, an dem man ins Internet geht, € 3,95 anfallen. Bei täglicher Nutzung (z.B. auch nur Checken der E-Mails) wären das pro Monat (30 Tage) insgesamt € 123,50.
Als DSL-Alternative kommen eigentlich nur die Tarifoption L Basic (€ 29,95 pro Monat) oder L Premium (€ 39,95 pro Monat) in Frage, wenn man nicht deutlich mehr zahlen möchte als für einen DSL-Anschluss.
Die Bandbreite im Download-Bereich geht bei beiden Tarifen bis zu 7,2 Mbit/s - gegenüber meiner DSL-Leitung mit weniger als 500 kbit/s wäre dies ein riesiger Fortschritt.
Sah also alles recht vielversprechend aus - bis ich mir dann das Kleingedruckte in den Fußnoten näher anschaute: Leider haben diese Datentarife einige massive Einschränkungen, die die Tauglichkeit als DSL-Alternative für zuhause in Frage stellen:
1. Begrenzung des Datenvolumens
Die Tarife werden zwar mit der Zusatz "Flatrate" beworben, dabei handelt es sich aber um eine sog. "Fairflat", was bedeutet, dass die Bandbreite ab einem bestimmten Datenvolumen pro Monat begrenzt wird. Bei dem Tarif L Basic erfolgt die Drosselung ab einem Datenvolumen von 3 GB pro Monat, und zwar auf max. 64 kbit/s (Download) und 16 kbit/s (Upload). Damit wird man sozusagen in die Steinzeit zurückversetzt. Bei dem Tarif L Premium erfolgt die Drosselung erst bei 5 GB pro Monat, aber auch auf max. 64 kbit/s (Download) und 16 kbit/s (Upload).
Das ist in der Tat schlecht. 3 oder 5 GB sind heute nicht viel. Wer praktisch täglich das Internet nutzt, muss da schon sehr aufpassen. Das Web ist ja inzwischen voll von Videos und die Nutzung von Diensten wie iTunes, Foto-Communities oder Online-Foto-Bestellungen erzeugt schnell mal ein paar GB Traffic. Ein automatisches Online-Backup, prinzipiell eine sehr bequeme und sinnvolle Sache, sollte man da lieber gleich deaktivieren, wenn man mehr also ein paar Textdokumente sichern will.
2. Sperrung von VoIP und Peer-to-Peer-Diensten
Fast noch ärgerlicher ist, dass bei diesen Tarifen die Nutzung von Voice over IP (VoIP) und Peer-to-Peer-Diensten prinzipiell geblockt wird. Ich habe zuhause z.B. ein IP-Telefon, mit dem ich über meine Nürnberger Büronummer auch zuhause in meinem Home Office erreichbar bin und nutze auch Skype. Beides ist mit diesem Tarif nicht möglich. Und der Zugang zu unserem Firmennetz ist über ein VPN (Virtual Private Network)-Protokoll implementiert, das Peer-to-Peer-Protokolle nutzt. Auch das dürfte dann nicht funktionieren.
Die Datentarife sind eben nicht für die Nutzung zuhause gedacht, sondern für die Nutzung mit einem mobilen Endgerät. Für mich sind diese massiven Einschränkungen trotzdem nicht nachvollziehbar und ärgerlich. Es ist erstaunlich, wie sehr sich die Kunden hierzulande von den Mobilfunkfirmen bevormunden lassen müssen.
D1-Reseller
Nachdem mir insbesondere die Bandbreitendrosselung ab 3 bzw. 5 GB nicht behagte, begann ich zu recherchieren, ob es nicht Reseller gibt, die Datentarife im D1-Netz zu besseren Konditionen anbieten.
Dabei stieß ich u.a .auf 1&1 und Simply, die mir beide als Telekom-Reseller bekannt waren. Beide bewerben ihre Datentarife mit dem Slogan "beste D-Netz-Qualität". Bei 1&1 sind bis zu 10 GB Traffic enthalten, bevor die Bandbreite gedrosselt wird, bei Simply immerhin noch 5 GB, dafür kostet der Tarif aber auch nur € 14,95 pro Monat (bei Vertragsbindung, in den ersten 12 Monaten), was ein unschlagbar günstiges Angebot darstellt.
Da ich mit 1&1 aus nachvollziehbaren Gründen keinen Vertrag schließen wollte, versuchte ich es mit Simply.
Die SIM-Karte kam sehr schnell und das böse Erwachen auch. Sehr zu meiner Überraschung war die SIM-Karte nicht für das D1-Netz, sondern für das D2-Netz! Auf der Simkarte stand auch groß "Vodafone" drauf.
Ich habe das D2-Netz dann auch ausprobiert, aber - wie befürchtet - ist bei mir UMTS nicht verfügbar, die Datenrate lag bei dem UMTS-Standard, also 384 kbit/s.
Obwohl ich 1&1 aus bekannten Gründen nicht ernsthaft in Erwägung zog, recherchierte ich noch, welches Netz 1&1 im Mobilfunkbereich eigentlich verwendet. 1&1 ist ja ein langjähriger Telekom-Partner, und der Datentarif mit 10 GB Volumen pro Monat vor der Drosselung klingt durchaus verlockend ...
Zu meiner - nicht mehr ganz so großen - Überraschung stellte sich heraus, dass 1&1 im Mobilfunkbereich aktuell auch auf Vodafone D2 setzt!
Bei den Resellern ist also Vorsicht angesagt: Einige dieser Unternehmen (so u.a. Simply und 1&1) machen nicht transparent, welches Mobilfunknetz sie verwenden, was - wie in meinem Fall - zu unschönen Überraschungen führen kann.
Übrigens fand ich keinen einzigen D1-Reseller mit deutlich besseren Angeboten als die von T-Mobile. Es sah also so aus, als müsste ich mit dem T-Mobile-Tarif L Basic Vorlieb nehmen und mit seinen Enschränkungen leben.
Zu guter Letzt: Doch noch eine brauchbare Alternative
Ich war schon fast dabei, den T-Mobile-Tarif abzuschließen, als ich noch auf eine andere Option stieß, und zwar auf der Telekom-Festnetzseite: Der Tarif heißt Call & Surf Comfort via Funk, kostet € 39,95 pro Monat (bei zweijähriger Vertragsbindung) beinhaltet eine Telefon-Flat über Festnetz, sowie Internet über Funk (je nach Verfügbarkeit UMTS oder LTE) mit einer "Fairflat": "Ab einem übertragenen Datenvolumen von 3 GB in einem Monat wird die Übertragungsgeschwindigkeit des Internet-Zugangs für den Rest des Monats auf max. 1.000 kbit/s für den Downstream und 384 kbit/s für den Upstream begrenzt; ab einem übertragenen Datenvolumen von weiteren 2 GB (also insgesamt 5 GB) erfolgt eine Begrenzung auf 384 kbit/s im Downstream und 64 kbit/s im Upstream".
Weiterhin ist die Nutzung der SIM-Karte auf den der Wohnadresse am nächsten stehenden Mobilfunkmast begrenzt. Man kann die SIM-Karte also nicht einfach in den Urlaub mitnehmen und woanders als zuhause nutzen.
Dafür gibt es bei VoIP und Peer to Peer Nutzung keine Einschränkung.
Ich war vor einigen Wochen schon einmal auf diese Seite gestoßen und zu diesem Zeitpunkt stand dort, dass der Tarif nur dort angeboten wird, wo DSL gar nicht verfügbar ist.
Ich schrieb sogar an den Kundenservice und fragte an, ob ich wegen der schlechten DSL-Bandbreite nicht vielleicht doch in den Genuss des Funktarifs kommen könne.
Dazu erhielt ich folgende Antwort:
Sehr geehrter Herr Schneider,
vielen Dank für Ihre E-Mail.
Wir freuen uns über Ihr Interesse an schnellem Surfen über
Funk.Via DSL ist nur erhältlich mit einemInternetanschluss der
Telekom.Bei weiteren Fragen schreiben Sie uns gern erneut. Sie
erreichen uns jederzeit.Mit freundlichen Grüßen
Kundenservice
Alles klar? (Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, die Antwort auf meine Anfrage hier zu posten ;-). Es ist wirklich erstaunlich (und traurig), welche Qualität die Antworten auf (Support)-Anfragen mitunter haben. Aber das ist eher ein Thema für einen weiteren Blogbeitrag.
Eine nochmalige Nachfrage ergab dann die (erwartete) Antwort, dass dieser Tarif nur dort angeboten wird, wo DSL gar nicht verfügbar ist, bei mir sei DSL aber verfügbar, daher könne man mir diesen Tarif nicht anbieten ...
Es war nun wirklich wie verhext.
Ende Juni hatte die Telekom dann überraschend aber doch noch ein Einsehen und kündigte an, ab dem 28.06.2011 auch Kunden mit einer geringen DSL-Bandbreite (bis zu DSL 2000) einen Call-&-Surf-via-Funk-Tarif anzubieten.
Diesen Tarif nutze ich nun aktuell, da er für mich die beste DSL-Alternative darstellt.
Gegenüber den für die mobile Nutzung gedachten UMTS-Datentarifen hat der Tarif vor allem den Vorteil, dass weder VoIP noch Peer-to-Peer Dienste gesperrt sind und dass die Drosselung der Bandbreite nach 3 GB zunächst nur auf 1 Mbit/s erfolgt, nicht auf quasi unbrauchbare 64 kbit/s.
Nachteilig ist die generelle Beschränkung der Bandbreite auf 3 Mbit/s downstream, gegenüber 7,2 Mbit/s bei den Datentarifen, sowie die Festlegung auf einen Mobilfunkmast. So ist es leider nicht möglich, die SIM-Karte auch mobil zu nutzen, z.B. wenn man im Urlaub ist und sie zuhause nicht benötigt wird.
Gegenüber der DSL-Leitung mit weniger als 500 kbit/s Bandbreite ist der Tarif trotz der Einschränkungen ein riesiger Gewinn. Die Geschwindkeit ist ca. 6 x so hoch, Einbrüche bei der Banbreite habe ich noch nicht feststellen können. Vermutlich bin ich die einzige Person im Ort, die diesen Tarif nutzt, so dass ich immer die gesamte Bandbreite bekomme (bitte nicht weitersagen ;-)
Außerdem ist die Verbindung absolut stabil. Der von der Telekom mitgelieferte UMTS-Router (Speedport), kann zwar nicht viel, funktioniert bisher aber zuverlässig. Was jedoch ein Witz ist, dass man nirgends nachschauen kann, wie viel Traffic man in einem Monat schon verbraucht hat. Diese Funktion sollt in dem Speedport-Router dringend nachgerüstet werden. Wenn ich schon die Bandbreite ab nur 3 GB drossele (war ich für einen Witz halte, wenn man den Tarif als DSL-Ersatz anpreist!), dann kann man seine Kunden nicht im Unklaren darüber lassen, wie viel IP-Traffic sie generieren.
Fazit: UMTS ist eine nutzbare und gute Alternative zu DSL in Gebieten, wo DSL nicht oder nur mit sehr geringer Bandbreite verfügbar ist. Die Einschränkungen wie Drosselung der Bandbreite und Beschränkung auf einen Mobilfunkmast sind aus meiner Sicher jedoch ärgerlich und unnötig. Bevor man einen Vertrag abschließt, ist es wichtig, vorher genau zu recherchieren, ob und über welches Netz UMTS an der eigenen Wohnadresse verfügbar ist und dieses am besten zuvor auch testet.
Tags: Internet-Zugang , Internet Service Provider , UMTS , Telekom
Kommentare
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Alexander Dieterli
am Sonntag, 14. August 2011, 04:23
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Thorsten Schneider
Davon hab ich auch gehört/gelesen ... aber mein Speedport-Router ist von Huawei. AVM war wohl mal ...
am Donnerstag, 25. August 2011, 03:02
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INTER
Ich sag mal so lesen bildet klar das mobile daten flat mit 5 gb oder auch weniger nix ist für PowerUser ,muss eben der User mit anderen tariff nach wechsel tariff nach denken" ein wechsel auf ein hören tariffen ist das mal wert" bei der telekom gibs ja 30 GB mobilen tariffen.
am Samstag, 23. Juni 2012, 15:38
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Andre
Das 1&1 gehetzte ist ja mehr als lächerlich. Weiterhin ist es ganz klar ersichtlich welches Netz verwendet wird. Da brauch man nicht lange recherchieren: 1&1 = D2 Netz!
Das Thema Telekom Reseller ist so auch nicht richtig. Wer bei 1&1 einen Anschluss bestellt bekommt nicht direkt eine Telekom Leitung! 1&1-DSL-Anschlüsse (TAL) werden in der Regel bei der Telefónica geschaltet - sollte dies nicht möglich sein gibt ein Fallback auf Telekom. Sollte dies ebenfalls nicht möglich sein, bekommt man einen Anruf und den Vorschlag mit einem Fallback auf einen Mobile-Tarif.
Der Kundenservice und die Tarife sind wesentlich besser als ihr Ruf und nicht ohne Grund ist die 1&1 einer der führenden Anbieter in Deutschland.
am Montag, 20. Mai 2013, 11:53
Einige Speedport's sind von Firma AVM hergestellt! Daher kann man AVM-Firmware drauf spielen, dann bekommt man auch Traffic übersicht und vieles mehr.
Im Google z.B. nach "speedport fritzen" suchen und/oder bei Wikipedia unter http://de.wikipedia.org/wiki/Speedport mal schauen.
So habe ich mir aus meinem Speedport W 701V einen Speed!Box modifiziert.