Google mischt die Karten im Streit um HTML5-Video neu
Montag, 19. Juli 2010 um 14:27 von Frank Schad in Webdesign
Viel wurde in den letzten Monaten über den neuen HTML5-Standard geschrieben. Die meisten Berichte und Diskussionen drehten sich dabei jedoch um nur einen einzigen Tag: den neuen <video>
-Tag, der die Einbindung von Videos in Webseiten ohne zusätzliche Plug-ins ermöglicht. Viele sehen darin bereits den Todesstoß für Flash-Videos – allen voran Apple-CEO Steve Jobs.
Doch bislang scheiterte eine endgültige Standardisierung am Streit darüber, welcher Codec für die Wiedergabe solcher HTML5-Videos verwendet werden soll: Während Apple und Microsoft den lizenzpflichtigen H.264 favorisieren, setzen Mozilla und Opera auf den quelloffenen Ogg Theora. Lediglich Googles Chrome unterstützt beide Formate.
Doch nun hat Google frischen Wind in die Diskussion gebracht: Von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet hat der Branchenriese jüngst den Codec-Hersteller On2 für 100 Mio. US-Dollar übernommen, dessen Produkte in vielen Bereichen Anwendung finden: So bildete der On2-Codec VP3 die Grundlage des freien Theora-Codecs, VP6 ist bis heute ein Standard in Flash-Videos (FLV). Die jüngste Entwicklung war der sehr fortschrittliche Codec VP8, von dem manche behaupten, er übertreffe qualitativ sogar H.264*.
Diesen Codec stellte Google nach der Übernahme unter der freien BSD-Lizenz der Öffentlichkeit zur Verfügung. VP8-Videos werden zusammen mit dem Audioformat Ogg Vorbis in einem neuen, auf dem Matroska-Format basierenden Container namens WebM bereitgestellt. Wenn es nach Google geht, soll dieses Format der neue HTML5-Standard werden. Die kommenden Versionen des Google-Browsers Chrome sowie des mobilen Betriebssystems Android sollen WebM bereits unterstützen. Auch bei YouTube hat die Konvertierung in das neue Format bereits begonnen.
Unmittelbar nach der Ankündigung durch Google sicherten auch die Browserhersteller Mozilla und Opera ihre Unterstützung des neuen Videoformats zu. Opera veröffentlichte sogar schon eine entsprechende Beta-Version des Browsers. Auch Adobe ließ sich sicherlich nicht zweimal bitten und kündigte ebenfalls seine Unterstützung an.
Mit Firefogg gibt es sogar schon ein Firefox-Add-on zur Konvertierung von Videos in das WebM-Format, und die neueste Version des VLC-Players kann bereits WebM-Videos abspielen.
Auch Microsoft hat die Unterstützung des WebM-Formats für den IE 9 angekündigt, wobei der VP8-Codec vom Nutzer manuell nachinstalliert werden muss, während H.264 vom IE nativ abgespielt wird.
Das durch Google, Mozilla, Opera und Adobe ins Leben gerufene WebM-Projekt entwickelt den Standard weiter.
Es bleibt abzuwarten, ob auch Apple VP8 unterstützen wird. Bislang hält das Unternehmen beharrlich an H.264 fest. Apple-Chef Jobs äußerete bereits Zweifel an der Tauglichkeit des neuen WebM-Formats für HTML5-Video. Er verwies dabei auf einen Verriss des VP8-Codecs durch einen x264-Entwickler, der nicht nur die Qualität, sondern auch die Legalität von VP8 in Frage stellt: VP8 würde H.264 in weiten Teilen ähneln und könne mehrere Patente verletzen. Der x264-Entwickler äußert sich dort über die VP8-Spezifikation wie folgt:
AAAAAAAGGGGGGGGGGGGGHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH!
* In ersten unabhängigen Tests (www.streamingmedia.com und www.quavlive.com) erwiesen sich VP8 und H.264 allerdings als gleichwertig.
Tags: HTML5 , Video , On2 , VP8 , Codecs